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Zen in der Kunst des Vögelguckens – Birdwatching in Katalonien für Einsteiger

Dem Himmel so nah

Bislang konnten Sie keinerlei Verständnis aufbringen für diese Menschen, die von Mücken umtanzt regungslos an einem See oder tief im Gebüsch stehen, angestrengt durch ein Fernglas linsen und dann plötzlich aufjauchzen, weil sie endlich eine Samtkopf-Grasmücke entdeckt haben? Dann wird es jetzt Zeit, das zu ändern. Wir möchten Ihnen Birdwatching bzw. Vögelgucken in Katalonien als eine ebenso entspannende wie unterhaltsame Urlaubsaktivität ans Herz legen. Auf diese Art lernen Sie einige charmante Bewohner des Landes in ihrem natürlichen Lebensraum kennen und genießen abwechslungsreiche Naturlandschaften, die zur Vogelbeobachtung wie geschaffen sind.

 

Leidenschaftliche Birdwatcher in Aktion

Zugegeben: Wer ahnungslos ein etwas umfangreicheres Vogelbestimmungsbuch aufschlägt, mag schnell zu dem Schluss kommen, dass Ornithologie für Normalmenschen ein hoffnungsloses Unterfangen ist. Es scheint so viele Möglichkeiten zu geben, bei der Bestimmung daneben zu liegen, dass man am besten einfach nicht anfängt.

 

Mit den Vögeln Bekanntschaft schließen

Aber wir möchten Sie ja auch nicht dazu anregen, Ornithologie zu studieren, sondern dazu, Vögel zu beobachten. Vögel sind uns in vielem sehr ähnlich. Sie haben Balzrituale und Auseinandersetzungen um das beste Territorium, sie sind hingebungsvolle Eltern und begeistern sich für die Köstlichkeiten, welche die katalanische Natur im Wechsel der Jahreszeiten zu bieten hat. Andererseits sind sie auf geheimnisvolle Weise anders. Wann immer sie wollen, schwingen sie sich auf in luftige Höhen. So können sie entweder irgendwohin fliegen, wo das Wetter besser ist oder zumindest eine neue Perspektive gewinnen, in dem sie das Leben da unten mit ein bisschen Abstand betrachten.

Vögel sind einfach sehr interessante Zeitgenossen und im Gegensatz zu den meisten anderen Tieren ist es relativ leicht, sie zu beobachten. Man muss einen Vogel nicht exakt bei seinem deutchen, lateinischen und katalanischen Namen nennen können, um Freude daran zu haben, ihm zuzuschauen. Andererseits, wenn wir mit jemandem Bekanntschaft schließen, interessieren wir uns auch irgendwann dafür, wie er heißt. An diesem Punkt wird dann ein Vogelbestimmungsbuch doch wieder interessant.

Im Gegensatz zu anderen Tieren sind Vögel relativ leicht zu beobachten © José Luis Rodríguez

Ausrüstung

Man braucht nicht viel Ausrüstung, um Vögel beobachten zu können. Zwei Utensilien sind aber doch immer wieder lohnende Begleiter auf einer Exkursion zur Vogelbeobachtung: ein ordentliches Fernglas und ein handliches Vogelbestimmungsbuch. Das Fernglas erlaubt uns nicht nur, klarer zu sehen, wie ein Vogel aussieht, sondern auch, was genau er tut. Mit dem Vogelbestimmungsbuch können wir dann herausfinden, um was für einen Vogel es sich handelt. (Tipps vom Experten für den Ausrüstungskauf gibt es zum Beispiel hier. In manchen Naturparks und Vogelschutzgebieten kann man Ferngläser aber auch vor Ort mieten.) Für Einsteiger lohnt sich allerdings in jedem Fall eine vogelkundliche Führung oder Wanderung.

Die Basics der Ausrüstung: Fernglas und Vogelbestimmungsbuch CC0 Public Domain

 

Ansteckende Begeisterung

Eine vogelkundliche Wanderung mit einem Experten, der das Gebiet und seine Vögel bestens kennt, ist eine der besten Möglichkeiten, ins “Vögelgucken” einzusteigen. Wer mit einem begeisterten Ornithologen unterwegs ist, erfährt nicht nur schnell, welche Vögel in diesem Landstrich leben oder während der Migration hier Rast machen, sondern auch, wo man sie am besten beobachten kann. Mit seinen geübten Augen erkennt der Experte viel schneller und sicherer, wo gerade ein interessanter gefiederter Zeitgenosse unterwegs ist. So kann er den Blick der Teilnehmer in die richtige Richtung lenken und gleichzeitig erklären, was nun gerade diesen Vogel so besonders macht.

Hinzu kommt: Nichts ist so ansteckend wie Begeisterung. Ein bis zwei Stunden unterwegs mit einem begeisterten Ornithologen können lebensverändernd wirken. Denn Vögel gibt es überall, nicht zuletzt und vor allem auch im eigenen Garten oder im Baum vor dem Bürofenster. Wer sich im Urlaub aufs Vögelgucken einlässt, bringt mit hoher Wahrscheinlichkeit eine liebgewordene neue Gewohnheit mit nach Hause, die ihm ein Leben lang Freude machen wird.

 

Zen in der Kunst des Vögelguckens

Vögelgucken ist übrigens eine sehr effektive Art, zu entschleunigen und aus der Hektik des Alltags einen schnellen Einstieg in den Urlaubsmodus zu finden. Spaziergänge und Wanderungen in unberührten Naturlandschaften gehören natürlich so oder so zu den schönsten Urlaubsaktivitäten. Wer sie mit Vogelbeobachtung verbindet, wird weniger Kilometer machen – dafür aber die Natur und ihre Bewohner mit Sicherheit intensiver wahrnehmen und sich mehr denn je entspannen. Wer über einen längeren Zeitraum mit ruhiger Konzentration die Ohren spitzt und genau hinschaut, gerät schon bald in einen meditativen Zustand. Stress fällt ab, Entspannung stellt sich ein und die Fähigkeit, die Schönheit der Natur richtig auf sich wirken zu lassen, steigt von Stunde zu Stunde.

Das wird übrigens wiederum Ihre Möglichkeiten zur Vogelbeobachtung positiv verstärken, denn Vögel und auch andere Wildtiere haben feine Sensoren dafür, “in welcher Frequenz ihre Beobachter ticken.” Sie wissen, dass von einem entspannten, friedvollen Gehirn keine Gefahr ausgeht und werden weniger Scheu haben, sich in der Nähe des Menschen zu zeigen. Die beste Zeit, um Vögel zu beobachten ist übrigens in der Dämmerung, also entweder in den frühen Morgenstunden oder am Abend.

Strandspaziergang und Birdwatching – Das perfekte Duo für einen entspannten Urlaub © José Luis Rodríguez

Über Lärmtoleranz

Natürlich richtet sich dieser kleine Hinweis nicht an Sie, denn Ihnen würde so etwas garantiert nicht passieren. Aber es könnte ja mal, und deshalb wollen wir folgendes nicht völlig unerwähnt lassen. Vermeiden Sie unbedingt, aufzuspringen und wild gestikulierend zu rufen “Hey, ein Graureiher, ein Graureiher!!!”, wenn gerade ein Graureiher in der Nähe des Observatoriums landet, in dem Sie mit Ihrer bezaubernden Begleitung sitzen. Dann ist der Graureiher nämlich vermutlich sofort wieder weg.

Es sei denn, Sie befinden sich in einem Gebiet in der Nähe einer Autobahn oder ähnlich lauten Verkehrsverbindungen. Biologen haben nämlich herausgefunden, dass Vögel, die in der Nähe großer Städte oder lauter Verkehrswege leben, eine erstaunliche Lärmtoleranz entwickeln und sich den Gegebenheiten des 20. und 21. Jahrhunderts auf intelligente Weise angepasst haben: Sie singen einfach lauter als noch vor 50 Jahren. Auf diese Weise erleichtern sie denn auch dem beginnenden Vogelbeobachter das Bestimmen von Vogelstimmen in den Städten.

Vogelalltag im 21. Jahrhundert: Frühstück auf dem Stromkabel ©José Luis Rodríguez

Wie man unvergessliche Erinnerungen schafft

Schreiben & Zeichnen

Machen Sie sich von Anfang an Notizen über die Vögel, die Sie sehen. Schreiben Sie auf, wo und um welche Uhrzeit Sie einen bestimmten Vogel gesehen haben. Und auch wenn Sie überzeugt sind, nicht zeichnen zu können: Versuchen Sie doch einfach mal, die Vögel, die Sie beobachten zu zeichnen. Wer zeichnet, schaut viel genauer hin und achtet auf feinere Details als jemand, der einen Vogel nur mit Worten kategorisiert.

Sie werden mehr sehen, und da Zeichnen eine über die rechte Hirnhälfte verarbeitete Aktivität ist, werden Sie mit der Kombination von Notizen und Zeichnen beide Hirnhälften aktivieren. Das wirkt nicht nur ausgleichend, es vertieft auch die Erinnerung an das, was Sie beobachtet haben. Wenn Sie Urlaubserinnerungen wünschen, die im wahrsten Sinne des Wortes “unvergesslich” sind, sollten Sie dieses Experiment vielleicht einfach einmal wagen. Schließlich sind Sie im Urlaub – es ist die beste Zeit im Jahr, um etwas auszuprobieren, das einem ein wenig verrückt erscheint!

oder doch Musizieren?

In die gleiche Richtung zielt der Vorschlag, die Vogelstimmen, die Sie hören, durch Silbenfolgen zu beschreiben (“Diudut-diudut-diudut-kükliwi-kükliwi-krüü- krüü…” oder auch einfach ”Zizidäh…”). Auch dies fällt nicht von Beginn an leicht, aber die Bemühung schult die Wahrnehmung, mal ganz abgesehen davon, dass die Beschäftigung mit Vogelstimmen auch in der europäischen Kultur eine ehrenwerte Tradition hat.

Ganz besonders en vogue waren Vogelstimmen in der Barockmusik und da wir nun gerade bei Vögeln und Musik sind, wollen wir an dieser Stelle auch noch kurz daran erinnern, dass El Cant dels Ocells, eines der berühmtesten katalanischen Volkslieder, das vom großen Cellisten Pau Casals berühmt gemacht wurde, ebenfalls dem Gesang der Vögel gewidmet ist. Die Grenzen zwischen Naturbeobachtung und Kunst sind fließend und niemand kann ahnen, welch wunderbare Ideen Ihnen kommen, während Sie die katalanische Landschaft auf sich wirken lassen und Vögel beobachten. Wir sind gespannt auf Ihre Erfahrungen!

Tipp:

Die 10 besten Orte Kataloniens, um Vögel zu beobachten, finden Sie hier.

 

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